Umgestaltung Wilhelmsplatz Stuttgart Bad Cannstatt . . .
Projektgeschichte
Der Ausbau der Linie U2 zur Stadtbahnlinie, verbunden mit der Errichtung von Hochbahnsteigen, war der Anlass zur Umgestaltung des Platzes. Bereits 1999 wurde ein Konzept zur Neuordnung des Verkehrs und zur Verlegung des Busbahnhofs beschlossen, das insbesondere eine durchgehende oberirdische Wegeverbindung, als Ergänzung zur Unterführung, von der Bahnhofstraße in die Marktstraße vorsieht. Auf der Basis dieses Konzepts wurde dann im Jahr 2000 ein Architektenwettbewerb durchgeführt, der die räumliche Ausgestaltung zum Thema hatte. Die Ausführung resultiert aus dem mit dem 1. Preis ausgezeichneten Entwurf.

Die Aufgabe
Der Wilhelmsplatz ist für Cannstatt von zentraler Bedeutung als Nahtstelle und Verbindungsglied zwischen den Geschäftsbereichen; und deshalb ist die Neugestaltung trotz Hindernissen durch notwendige Funktionen eine wichtige, wenn auch schwierige Aufgabe.
Immense Verkehrsmengen, vier sich kreuzende Stadtbahnlinien und ein kleiner Busbahnhof müssen weiterhin auf dem Platz untergebracht werden, die Fußgängerströme aus vielen Richtungen müssen besser verknüpft und die Stadtbahnhaltestelle, eine der frequentiertesten der Stadt, muss dem Fahrgast mehr Komfort und Sicherheit bieten. Ziel ist es dabei, den Wilhelmsplatz von einer reinen Verkehrsanlage zu einem städtischen Platz zu machen, der für Cannstatt eine Mitte, ein wirklicher Identifikationspunkt sein kann.

Das Konzept:

Der offene Platzraum
Die bisherige Situation litt vor allem an der unübersichtlichen und ungeordneten Begrünung. Durch Reduzierung der Bäume und durchgehender Belagsgestaltung entsteht ein einheitlicher zusammenhängender Raum, auch über die Stadtbahn hinweg. Die in Platzmitte verbleibenden Bäume wirken als Solitäre. Dies erlaubt eine freie Orientierung, macht die räumliche Situation erfassbar und ermöglicht Blickbeziehungen über den gesamten Platz hinweg. Der südliche Platzrand wird durch eine neue, durchgehende Baumreihe beruhigt. Diese offene Situation wird nun durch zwei kraftvolle räumliche Elemente gefasst und akzentuiert: Das Dach und der Turm.

Das Dach
Über dem neu errichteten Hochbahnsteig wird ein großes, trapezförmiges Glasdach errichtet, das den gesamten Bahnsteig, die Rolltreppen und Treppen zum Steg und den Steg selbst vor Witterung schützt. Durch dieses Dach erhält der Platz nach Westen ein deutliches Ende. Der trapezförmige Grundriss öffnet sich zum Platz, betont dadurch auch den Durchblick zur Bahnbrücke und in Richtung Neckar.
Die Glaseindeckung ist halbtransparent und erzeugt eine lichte Situation, bietet aber auch Sonnenschutz. Beleuchtung und Fahrdrahtabspannung können in die Konstruktion integriert werden. Durch zusätzliche seitliche Lamellenelemente bietet sich ein wirksamer Wetterschutz für alle Bahnsteige, ergänzt durch Wind- und Spritzschutzwände aus Glas direkt an den Fahrbahnen. Der allgemein schwer in den Stadtraum integrierbare Hochbahnsteig wird hier ganz nebenbei Teil des Gebäudes. Es entsteht ein kleiner Stadtbahnhof in Ergänzung zum "richtigen" Bahnhof, der durch Einbeziehung und Überdachung des Stegs mit diesem auch komfortabler verbunden ist. Die Welle symbolisiert Bewegung, assoziiert die Historie der Mineralbäder am Platz und betont den fließenden Raum.

Der Turm
Die Besonderheit des Platzes: es kreuzen sich alle acht einmündenden Straßenachsen annähernd in einem Punkt. Ein markanter Blickpunkt in diesem Kraftzentrum gibt dem Wilhelmsplatz ein aus allen Richtungen von weitem erkennbares Identifikationsmerkmal, das gleichzeitig auch dem Dach ein Gegenüber und dem östlichen Bereich des Platzes einen Schwerpunkt verleiht. Thema dieses Turms ist das am Wilhelmsplatz verloren gegangene Element Wasser. Selbst in einem Wasserbecken stehend, nimmt er dieses Element in sich auf und inszeniert es - als kontrollierten, nachts beleuchteten Wasservorhang - auch für den vorbeifahrenden Verkehr. Die Turmhöhe ergibt sich aus dem Maßstab der Umgebung und seiner Funktion als Blickpunkt und beträgt ca. 18 m; mit ca. 2 m Durchmesser ist es ein schlankes Bauwerk, das aber auch Volumen bietet. Dabei ist der Turm nicht nur reines Kunstbauwerk, sondern kann durch seine große Höhe, ähnlich wie das Dach, die gesamte Straßenbeleuchtung des östlichen Platzes aufnehmen, somit sind auf der freien Platzfläche keine zusätzlichen Leuchtenmasten erforderlich.

Die Wasserbecken
In Zusammenhang mit dem Wasserturm sind auf der Insel mehrere Wasserbecken geplant, die zusammen die Form eines Kreises bilden, und so dem Platz trotz aller Zwänge der Verkehrsströme ein klares Flächenlayout, ein eigenes Thema verleihen. Die Wasserbecken haben aber auch eine sichernde Funktion. Die Querung der Stadtbahn durch Fußgänger stellt eine nicht zu unterschätzende Gefährdung dar. Daher muss die Querungsstelle klar definiert sein, andere Schienenbereiche abgegrenzt werden und die Fußgänger in eine indirekte Wegeführung gebracht werden, um die Aufmerksamkeit bei der Querung der Bahn sicherzustellen. Diese Funktion leistet nun die mehrfach durchschnittene, runde Wasserfläche; sie erhält dadurch ihre interessante Form und macht den im Zickzack wie auf Brücken zwischen Wasserflächen geführten Weg zu einem eigenen Erlebnis.